Emil Scheid Klassische Reitkunst
Grundsätze
Was ist klassische Reitkunst -
nicht?
Nachfolgend möchte ich auf eine Tatsache eingehen,
die bezeichnend ist für die gegenwärtige Situation.
Sehr viele behaupten, klassische Reitkunst zu betreiben und
tun so als ob sie nach den Lehren der Meister
arbeiten würden
und alles nur zum Wohle des Pferdes.
Der Unkundige mag leicht zu täuschen sein. Wer die Lehren der Meister sorgfältig studiert hat, erkennt auf den ersten Blick, dass meistens jedoch genau das Gegenteil von dem getan wird, was diese Meister lehren, und die Lehren der Meister gar nicht oder nur verfälscht vom "Hören Sagen" bekannt sind.
Dadurch wird, sehr zum Nachteil für die Pferde, ein völlig falscher Eindruck von den Lehren der Meister vermittelt.
Viele meinen irrtümlicher Weise, es gehe in der
klassischen Reitkunst darum, dem Pferd möglichst schnell ein paar Kunststückchen beizubringen, um damit irgendwelche
Zuschauer zu beeindrucken.
So wird unter anderem versucht dem Pferd möglichst schnell spanischer Schritt, Piaffe-ähnliche Tritte, Passage-ähnliche Tritte, Steigen, Levade, Sprünge oder andere Übungen irgendwie, wenn auch völlig falsch, beizubringen oder manchmal auch abzuzwingen. Die Übungen sind dann zwar falsch , wertlos und
meist auch schädlich für das Pferd und die Ausbildung, aber Hauptsache man kann irgendwelche Leute oder Zuschauer beeindrucken.
Ein
Beispiel:
Die Lehre der bedeutendsten Reitmeister der gesamten Reitgeschichte Guérinière und Steinbrecht etc. sagt ganz klar, eindeutig und
unmissverständlich:
Sinnvolle und für die Ausbildung des Pferdes wertvolle
Passage - und Piaffe-Tritte entstehen nicht durch Klopfen,
Touchieren oder Draufhauen mit Gerte oder Peitsche,
sondern nur durch das präzise, einfühlsame Zusammenspiel
der Hilfen von Hand und Bein und unterstützenden Körperhilfen.
Nur
auf diese Weise entwickeln sich sinnvolle Piaffen und Passagen
bei gleichzeitiger Losgelassenheit und Leichtheit des Pferdes.
Umso erstaunlicher ist es, dass so viele sich auf diese Meister berufen
und behaupten Klassische oder Barocke Reitkunst zu betreiben, und dann genau das Gegenteil davon tun, was diese Meister lehren:
Es wird versucht Piaffe und Passage von dem Pferd zu verlangen, indem
auf der Kruppe, an den Hinterbeinen oder anderen Körperteilen touchiert,
geklopft oder draufgehauen wird.
Nach den Lehren der Meister ist dies ein eindeutiger Beleg für die Unfähigkeit einfühlsame und präzise Hilfen mit Hand und Bein zu geben wie es in den Lehren der Meister beschrieben wird und zeigt damit offensichtlich, dass die Lehren der Meister nicht bekannt sind.
Bei diesen fehlerhaften
Methoden entstehen niemals korrekte Piaffen oder Passagen, sondern nur sinnlose, fehlerhafte Zerrbilder dieser Übungen,
und sehr oft auch gestresste, verspannte, unzufriedene,
verärgerte und geschädigte Pferde.
Es bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen,
irgendwelche ungeeignete Methoden zu benutzen, um dem Pferd möglichst schnell irgendwelche Kunststückchen beizubringen um damit irgendwelche Zuschauer zu beeindrucken.
Sich jedoch dabei auch noch auf die Meister zu
berufen und so zu tun, als ob man nach deren Lehren arbeiten würde, ist nicht nur Etikettenschwindel und Betrug sondern auch eine Verunglimpfung und Beleidigung dieser Meister, und diese würden
sich wohl im Grabe umdrehen und keine Ruhe finden, wenn sie wüssten, dass man sich dabei auf sie beruft. Die Meister haben derlei
ungeeignete Methoden nicht benutzt, da sie genau wussten dass durch diese ungeeigneten Methoden die Pferde geschädigt werden.
Andere Gewalttätigkeiten, wie etwa das Pferd absichtlich hinter dem Zügel
gehen zu lassen oder die „Rollkur“, auch Hyperflexion genannt, in der "L'équitation de légèreté" auch "Ramener outré", auf deutsch "übermäßige Beizäumung", wobei das Kinn fast die Brust berührt, genannt,
haben in der klassischen Reitkunst ebenfalls nichts verloren.
Derlei gewalttätige Methoden schädigen und brechen das Pferd und machen es zu einer toten Maschine, und wurden deshalb von den Meistern wie Guérinière und Steinbrecht etc. klar und eindeutig abgelehnt.
Bedauerlicherweise hat sich
mittlerweile auch die Hofreitschule in Wien auf dieses gewalttätige Niveau begeben. Die Spanische Reitschule in Wien kann leider schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Bewahrer der
klassischen Lehre gelten und sie entfernt sich immer weiter von den Lehren der Meister, die sie eigentlich bewahren wollte.
Auch in der spanischen Reitschule geht es leider in erster Linie darum, den Zuschauer mit Sensation und Spektakel zu beeindrucken, wie das im Zirkus und in der Show-Reiterei schon immer war und
mittlerweile auch in der angeblichen Klassik-Barock-Reiterei üblich ist. Korrekte Ausbildung und Gymnastizierung des Pferdes nach den Lehren der Meister findet auch hier so gut wie nicht mehr
statt.
François Baucher zähle ich nicht zu den Meistern, an denen ich mich orientiere. Er war sicherlich ein sehr geschickter Reiter.Warum er mir trotzdem nicht als Vorbild dienen kann erkläre ich auf folgender Seite.
* mehr zu Baucher auf dem nachfolgenden Link