Empfehlen Sie diese Seite auf:

Emil Scheid    Klassische Reitkunst

Fehlerhafte Piaffen und Passagen

Obwohl die Kriterien der Piaffe und Passage in den Werken der bedeutendsten Meister Guérinière und Steinbrecht klar und unmissverständlich beschrieben werden, sind die Pferde, die eine korrekte Piaffe und Passage zeigen, äußerst selten zu sehen.

 

Fehlerhafte Piaffen und Passagen entstehen durch fehlerhafte Gymnastizierung, ungeeignete Methoden und falsche Hilfengebung, sehr oft durch ungeeignete und falsche Touchier-, Klopf- oder Hau-Drauf- Methoden. Ungeeignete Methoden zum Lehren Piaffe und Passage sind sehr weit verbreitet, weil diese Mehtoden sehr einfach sind, schnell Ergebnisse sichtbar sind, auch wenn diese "Ergebnisse" völlig falsch sind.
Nachfolgend ein weitverbreitetes Beispiel einer ungeeigneten Methode:
Zum Lehren der Piaffe und Passage wird das Pferd vorne festgehalten, es wird am vorwärtsgehen gehindert und dann wird versucht es mit der Gerte auf der Stelle zu "mobilisieren", indem es auf der Kruppe und anderen Stellen touchiert wird, oder draufgeklopft wird.

Falsch ausgeführte "Seitengänge" führen ebenfalls zu fehlerhaften Piaffen und Passagen.

usw............
Da das Wissen um die richtige Gymnastizierung des Pferdes fast völlig in Vergessenheit geraten ist, ist es kein Wunder, dass man fast nie eine korrekte Piaffe oder Passage sieht.

Ein Beleg für den immensen Mangle an Wissen ist die weite Verbreitung völlig ungeeigneter Methoden.

 

Fehlerhafte Piaffen und Passagen:

 

Piaffe oder Passage ohne Anmut und Kadenz

 

Piaffe oder Passage mit trampelnden und stampfenden Tritten

 

Piaffe oder Passage mit schleppender Hinterhand mit auseinandergefallenem Pferd

Sehr oft sieht man Piaffen und Passagen  mit schleppender Hinterhand, wobei das Pferd die Hinterfüße nicht genügend untersetzt. Kadenz und Hankenbeugung sind dann natürlich nicht vorhanden.  Die Hinterhand nimmt dabei nicht genügend Gewicht auf, weil sie zu weit hinten auftritt und dabei manchmal sogar außerhalb des Leibes auftritt, und oft strampelt das Pferd dabei trotzdem noch spektakulär mit der Vorhand. Dies ist eine eine weniger schädliche Variante der fehlerhaften Zerrbilder. Die negativen Auswirkungen sind dabei nicht so groß wie bei den weiter unten aufgeführten beispielen.

 

Hüpfende Piaffe und Passage

Sehr oft, sowohl in der Piaffe als auch in der Passage sieht man hüpfende Tritte, wobei die Kruppe und Hüfte bei jedem Tritt nach oben hüpft anstatt sich zu senken. Nach den Lehren der bedeutendsten Meister wie Steinbrecht, Guerine usw. ist dies äusserst fehlerhaft, weil dabei Leichtheit, Losgelassenheit und auch die Hankenbeugung fehlt, das Pferd die Last der Vorhand zuschiebt und es zu Verspannungen führt. Steinbrecht bezeichnet solche hüpfende Tritte als verspannte Tritte, die man dem Pferd auf keinen Fall gestatten darf. Diese fehlerhaften Tritte führen nicht zur Sammlung sondern zum Auseinanderfallen des Pferdes und sind somit nicht nur wertlos sondern schädlich für die Ausbildung des Pferdes. Nach den Lehren der Meister kann ein solches Pferd nicht als geritten , nicht als geschult gelten. Im Dressursport, in der Showreiterei und auch in der angeblich Klassisch-Barockreiterei werden solche fehlerhaften Piaffen und Passagen in der Regel jedoch als "ausdrucksstark" und vorbildlich bezeichnet. weil sie spektakulär aussehen. Für das Pferd sind diese fehlerhaften Pseudo-Piaffen und Pseudo-Passagen jedoch äusserst schädlich mit verheerenden Folgen - siehe zum Beispiel Totilas. Das Wissen um die Lehren der Meister und die Auswirkung fehlerhafter Lektionen ist offensichtlich vollständig in Vergessenheit geraten. Es geht offensichtlich überall in Erster Linie darum, irgendwelche ahnungslose Zuschauer zu beeindrucken.

 

Piaffe oder Passage mit schleppender Hinterhand mit auseinandergefallenem Pferd

 

Sehr häufig sieht man "hüpfende" Passagen und Piaffen mit schleppender Hinterhand, bei der die Hinterhand vom Gewicht wegtritt indem sie zu weit hinten auftritt und dabei meistens sogar außerhalb des Leibes auftritt, wobei das Pferd meist spektakülär mit der Vorhand strampelt. Dabei wird der Rücken des Pferdes zwangsläufig nach unten weggedrückt, die Muskulatur des Rückens, besonders in der Lendengegend wird verspannt.

Dies kann zu "Kissing Spines" führen. Auf jeden Fall führt es zu - mitunter schweren - Verspannungen der Muskulatur und damit zur Schädigung des Pferdes. Losgelassenheit wird dadurch zerstört. Dies führt sehr oft zu Blockaden in der Wirbelsäule und der Iliosakralgelenke, und manchmal auch zu Entzündungen in der Muskulatur und den Gelenken. Typisch für diese fehlerhafte Passage ist auch, dass die Pferde eine hüpfende Bewegung machen, wobei die Hüfte sich nach oben bewegt, anstatt sich mit der Kruppe abzusenken.

Zudem werden die Gelenke der Vorhand und Hinterhand falsch und übermäßig belastet und dadurch geschädigt. Spat, Kissing Spines und andere Schäden an Gelenken und Sehnen, Bändern, der Muskulatur und des gesamten Bewegungsapparates können die Folge sein.

Steinbrecht sagte dazu: Die Beine des Pferdes werden struppiert.

Deshalb wird jeder, der sein Pferd gesund erhalten möchte, schleppende Gänge, sowie jede andere Überlastung des Pferdes vermeiden.

Manche bezeichnen die Passage mit schleppender Hinterhand als Passage mit Rahmenerweiterung. Dies ist jedoch nichts anderes als eine beschönigende und irreführende Umschreibung der Tatsache, dass das Pferd auseinandergefallen ist, auf der Vorhand geht, den Rücken verspannt und wegdrückt und die Hinterhand hinterher schleppt, die Hauptlast wird der Vorhand zugeschoben. Dies entspricht nicht den klassischen Grundsätzen, sondern ist das genaue Gegenteil.

Die fehlerhafte auseinandergefallene Passage mit hüpfender Bewegung wird oft auch als hohe Passage bezeichnet. Alle diese auseinandergefallenen Passagen mit "Rahmenerweiterung" werden gerne auch als "ausdrucksstark" bezeichnet. Daraus geht klar hervor, dass dabei für den Zuschauer geritten wird, den man beeindrucken möchte. Nicht das Wohl des Pferdes, sondern der Zuschauer ist wichtig. Dies ist das genaue Gegenteil der klassischen Grundsätze.

Passage mit schleppender, auf dem Boden schlurfenden Hinterhand mit auseinandergefallenem Pferd

Ooft sieht man auch Passagen  mit schleppender Hinterhand, wobei das Pferd die Hinterfüße auf dem Boden entlangschleift und dabei oft Furchen in den Boden zieht.  Die Hinterhand tritt dabei vom Gewicht weg indem sie zu weit hinten auftritt und dabei meist sogar außerhalb des Leibes auftritt, und manchmal strampelt das Pferd dabei trotzdem noch spektakülär mit der Vorhand. Dies ist eine weitere Variante der häßlichen Zerrbilder. Die negativen Auswirkungen sind gleich wie bei dem vorhergenannten fehlerhaften Zerrbild einer Passage/Piaffe.

 

 

Die wiegende Piaffe oder Piaffe Balancé – wiegende Passage oder Passage Balancé

Auch bei diesen äusserst fehlerhaften Ausführungen sieht man oft hüpfende Bewegungen. Sehr, sehr oft sieht man auch die fehlerhafte, sogenannte wiegende Piaffe oder Passage Balancé. Dabei versetzt das Pferd seinen Rumpf in regelmäßige seitliche Schwingungen wobei es mit seinem Rumpf seitlich hin und her schwingt. Diese Pendelschwingungen erreicht das Pferd  nur durch das Seitwärts-Ausweichen der Hinterbeine bei jedem Tritt. Durch diese wiegende Bewegung erleichtert sich das Pferd das Piaffieren und Passagieren, denn durch dieses hin und her schwingen entzieht sich das Pferd der Lastaufnahme und der vollen Beugung der Gelenke der Hinterhand insbesondere der Beugung der Hanken indem es seitlich von der Last wegtritt. Auch bei dieser fehlerhaften Ausführung machen viele Pferde hüpfende Bewegungen anstatt die Kruppe abzusenken.

Die Piaffe Balancé sieht durchaus eindrucksvoll und oft spektakulär aus, ist aber fehlerhaft und wertlos, da das Pferd sich der vollen Beugung der Gelenke der Hinterhand entzieht und damit die Federkraft der Hinterhand nicht richtig ausgebildet wird und statt dessen das Pferd in seiner Gesundheit geschädigt wird.

Die gleichen fehlerhaften seitlichen Ausweich-Schwingungen sieht man auch sehr oft bei der Passage Balancé die ein ebenso schwerer Fehler ist, aber ebenfalls durchaus beeindruckend aussieht.

Genau wie bei der Piaffe und Passage mit schleppender Hinterhand werden auch bei  der Piaffe Balancé und der Passage Balancé die Wirbelsäule, Gelenke, Bänder und Sehnen falsch belastet, dadurch überlastet und geschädigt.

Spat, Kissing Spines und andere Schäden an Gelenken und Sehnen, Bändern, der Muskulatur und des gesamten Bewegungsapparates können die Folge sein.
Ausserdem führen sie zur Verspannung der Muskulatur des Pferdes und zerstören damit die Losgelassenheit.

Diese Fehler werden in der Regel nur von sehr, sehr wenigen wirklich Sachkundigen wahrgenommen. Fast alle Kommentatoren und die Mehrzahl der Zuschauer und Reiter bemerken diese Fehler nicht und sind  mit solch fehlerhaften und für das Pferd schädlichen Übungen leicht zu beeindrucken.

 

Am schlimmsten und verkehrtesten ist es natürlich, wenn die Hinterhand nicht nur nach hinten heraussteht, sondern auch noch seitlich vom Gewicht wegtritt. Dies ist dann eine Piaffe oder Passage Balancé mit gleichzeitig schleppender nach hinten herausstehender Hinterhand. Man könnte dann sagen: Schlimmer geht´s nimmer. Zum Leid der Pferde sieht man diese Kombination der Fehler sehr häufig. Die Zuschauer sind dabei sehr beeindruckt und Staunen, haben dabei jedoch keinerlei Ahnung, was für Schäden dies dem Pferd zufügt.

In nachfolgendem Link kann man ein Beispiel für eine Passage Balancé mit zusätzlich nach hinten herausstehender Hinterhand sehen. Fehlerhafte Passagen sieht man nicht nur bei Anhängern von Baucher, sondern auch im Dressursport, bei den Klassik-Barock-Reitern und im Freizeitreiterbereich. (ab ca. Min 3:10)

Passage Balancé, L'équitation de légèreté

Piaffe mit rückständiger Vorhand
Bei der Piaffe mit rückständiger Vorhand ist die Vorhand nach hinten vermehrt unter den Pferdeleib getreten und nimmt damit vermehrt Last auf. Es stützt sich dabei quasi auf der Vorhand ab, um vermehrt mit der Hinterhand auf und ab zu hüpfen und das ist genau das Gegenteil von dem wie es sein sollte. Diese fehlerhafte Zerrbild entsteht, genau wie die anderen fehlerhaften Übungen, durch fehlerhafte Ausbildung, fehlerhafte Gymnastizierung und fehlerhafte Hilfengebung.

 

Piaffe und Passage mit fehlender Losgelassenheit

Kennzeichen hierfür sind unter anderem: quirlender oder heftig schlagender Schweif, Zähneknirschen, Schlauchgeräusche bei Hengsten und Wallachen. Weitere Kennzeichen für Verspannung sind trampelnde, stampfende, nervös strampelnde verspannte Tritte und maschinenhaft ausgeführte verspannte Tritte.

Hinter dem Zügel gehen und gegen den Zügel gehen sind ebenfalls Zeichen fehlender Losgelassenheit.

 

"Angst und Nervosität auf der Stelle"

Manche, und es sind nicht wenige, versuchen die Piaffe-artigen und Passage-artigen Tritte zu verlangen indem sie das Pferd mit Gerte oder Peitsche verängstigen durch heftiges touchieren, oder anders gesagt durch draufhauen, prügeln, oder durch rüden Sporneinsatz vom Pferd zu erzwingen, oder auch durch beides zusammen.
Aus Verzweiflung fängt das Pferd dann irgendwann an zappelnde, hüpfende, trippelnde, stampfende, trampelnde oder ähnliche Bewegungen zu machen und dann wird stolz verkündet:  "Schau, jetzt piaffiert, jetzt passagiet er!"
Bei diesen dilettantischen Methoden kommt es öfters vor, dass das Pferd sich dabei erregt, nervös, ängstlich und unzufrieden und oft auch widersetzlich wird und sich dann auf jeden Fall völlig verspannt, die Losgelassenheit wird für immer vernichtet, das Pferd wird dauerhaft geschädigt.
Solches Vorgehen wird von den Meistern aufs schärfste abgelehnt und als dilettantisches Pfuschwerk und Tierquälerei verurteilt. Was dabei entsteht ist keine Piaffe oder Passage und keine Hohe Schule sondern: "Angst und Nervosität auf der Stelle"

 

Jeder, der sein Pferd wirklich liebt, wird sorgfältig und gwissenhaft darüber nachdenken, ob er seinem Pferd  fehlerhafte und gesundheitsschädliche Übungen abverlangen möchte, nur um irgendwelche Zuschauer zu beeindrucken.

Druckversion | Sitemap
© Emil Scheid, klassischereitkunst.de